15. Oktober 2010.

55 Seehamerinnen und Seehamer, die Jüngste von ihnen 9 Jahre, finden sich in gemütlicher Gasthausatmosphäre zusammen, um an der eigenen Zukunft zu arbeiten. „Seeham auf dem Weg zur ersten zertifizierten Bio-Gemeinde Österreichs“ ist der zukunftsweisende Titel des Abends. Es geht um das Thema „Bio“, also um das Leben an sich, um gutes Leben. Bio und Bio-Gemeinde, darüber besteht soweit Konsens, steht repräsentativ für etwas Gutes, Gewolltes, Beständiges und Zukunftsfähiges. Es steht für ein nachhaltiges, faires, ökologisches und lebendiges Gemeinde-, Gesellschafts- und Wirtschaftsleben. Und Bio-Gemeinde steht für etwas, dass es in dieser (zertifizierten) Form noch nicht gibt.

Was ist eine Bio-Gemeinde? Wie wird sie für die Seehamerinnen und Seehamer und für Gäste erlebbar? Was ist das Besondere daran? Wer macht die Bio-Gemeinde? Was habe ich davon? Warum soll ich das wollen und unterstützen? Was verstehe ich darunter? Warum wird das nicht funktionieren? Was ist das Visionäre daran? Wie kann ich mitmachen?
Die Seehamerinnen und Seehamer werden auf eine „Roas“ geschickt. „Roasen“ heist reisen, losgehen, wandern. „Roasen“ meint gemütliches Gehen, genussvolles Wandern, Entdecken und Erleben mit allen Sinnen. Die Teilnehmenden „wandern“ an diesem Abend gemeinsam durch das mögliche „Bio-Dorf Seeham“. Sie reisen in Worten, Bildern und Gedanken. Sie wandern aber auch wirklich von Tisch zu Tisch. Im Raum sind einige Tische verteilt. Ganz wie im Gasthaus. Jeder Tisch ist gut besetzt. Auf jedem Tisch liegen bestimmte Fragen als Anregung für das Gespräch. Zwanzig bis dreißig Minuten verbringen die Teilnehmenden am Tisch. Jeder trägt das bei, was für ihn, was für sie wichtig ist. Facettenreiche und lebendige Kommunikationen entstehen an jedem Tisch. Danach wandern die Teilnehmenden an einen neuen Tisch mit neuen Fragen und neuen Gesprächspartnern. Und so wandert es sich leicht und gemütlich durch den Abend bzw. das „Bio-Dorf Seeham“. Ziel ist es, in den Austausch zu kommen, Möglichkeiten aufzeigen, Ideen, Anregungen, Standpunkten, Interessen, Bedenken, Visionen, Hoffnungen und Ängsten Raum zu geben.

Bei mir als Moderator verfestigt sich im Laufe des Abends der Eindruck die Gemeinde Seeham steht nicht am Anfang der Reise. Seeham steht am Beginn eines neuen, möglichen Entwicklungssprunges. Nicht nur weil es bereits viele konkrete Initiativen und Projekte gibt, die in Richtung Bio-Lebensraum weisen. Noch viel wichtiger erscheint mir in diesem Moment, die wahrnehmbare Bereitschaft der Menschen an der eigenen Zukunft zu arbeiten. Es scheint sich ein Grundkonsens unter den Teilnehmenden zu zeigen, der besagt: Nichts ändert sich, außer wir ändern uns selbst und verändern es selbst. 

Der Abend gestaltet sich bunt und kurzweilig. Intensive und ertragreiche Gespräche, kleine und große Ideen, viele Gemeinsamkeiten, klare Herausforderungen, gute Basis – so könnte zusammengefasst werden. Was jetzt möglich wird, ist, nicht Einige sollen alles tun, sondern Viele etwas für ein gemeinsames Ziel. Die „Bio = gutes Leben-Gemeinde“ als sich lohnendes, gemeinsames Ziel? Am Ende des Abends wurde eine Frage immer wieder ausgesprochen: Was jetzt, wie geht’s jetzt weiter? Ich denke, wunderbar, recht viel besser kann es eigentlich nicht sein. Denn in dieser Frage kommt nicht nur ein Stück Unzufriedenheit und Ungeduld zum Ausdruck, im Sinne von sich nicht mit dem was erarbeitet wurde, zufrieden zu geben. Sondern die Offenheit und Lust weiterzumachen. Wunderbar. Der Ball liegt jetzt bei den Initiatoren des Abends, dem Bürgermeister und den legitimierten politischen Vertretern der Gemeinde, der Vermarktungsgemeinschaft „Bio-Dorf Seeham - Bio Heu-Region Trumer Seenland“, sowie dem Tourismusverband Seeham. Ich bin mir sicher, sie wissen um diese Chance und fahre mit einem guten Gefühl von „und weiter geht’s!“ nach Hause.

Florian Heiler, plenum – ganzheitlich nachhaltige entwicklung gmbh (www.plenum.at)